Reallexikon der germanischen Altertumskunde

Von zusammengesetztem und sportmäßigem Charakter war der nationale isländische knattleikr, der von den Sagas als die beliebteste Freiluftübung der Isländer und Volksunterhaltung auf offnem Felde dargestellt wird, bis er in den ersten christlichen Jahrhunderten mehr und mehr durch Ringkampf und Tanz verdrängt wird.– ↑ –

Er wurde mit Ball und Ballstock von zwei zwischen Richtlinien aufgestellten Parteien gespielt, wobei jedoch jeder einzelne Spieler seinen besonderen Gegner hatte; bei der Einrichtung des Spiels ordnete man es so, daß ungefähr gleichstarke Leute einander gegenüber zu stehen kamen, denn auf die Stärke kam es am meisten an. Der Ballstock (knatt-tre) wude sowohl zum Schlagen (knattdrepa) erwendet, als auch als Auffanggerät, um en Ball im Flug aufzuhalten (knattgildra). Die nähere Einrichtung des Spiels kennen wir nicht mit Sicherheit. Unter den gegenseitigen Bemühungen der Spieler, (durch Schlag, Stoß oder Wurf) den Ball übers Ziel zu bringen – was das entscheidende Moment war – entfaltete sich ein lebhafter Wettkampf: Wettlauf nebst Ringkampf und anderen Handgreiflichkeiten. Namentlich sind Ringkämpfe vorherrschend. Es ist daher wahrscheinlich, daß die Entwicklung des Ringens zur sportmäßigen Glima aus dem Ballspiel stammt. In seiner Gesamtheit bot das Spiel vortreffliche Bedingungen dar zur Entwicklung von Stärke, Schnelligkeit in der Bewegung, Geschmeidigkeit und Fertigkeit in Griff und Wurf.– ↑ –

Der in der Hardarsaga erwähnte sköfuleikr war eine Modifikation des knattleikr, bedingt durch die Anwendung eines aus Hörn verfertigten Gerätes, skafa, dessen Bestimmung nicht mit Sicherheit angegeben werden kann. Der Knattleikr konnte wohl zu jeder Zeit des Jahres gespielt werden, bei stattfindenden Gelagen und Volkszusammenkünften. Aber hauptsächlich war der Winter die Saison dafür, sowie er es heute für Bälle und Theatervorstellungen ist.– ↑ –

Alle Knattleikr-Zusammenkünfte, von denen die Sagas berichten, finden im Herbst oder Winter statt. Doch lag der Grund nicht so sehr in der Arbeit des Sommers – denn zur Erfrischung des Leibes und der Seele und zu andern Belustigungen fand man gern ledige Stunden – sondern er hängt am ehesten mit dem Umstand zusammen, daß die ebene, harte und weitausgestreckte Fläche des Eises der zweckmäßigste Spielplatz war.