Leibesübungen der Zeit

Leibesübungen der frühen Neuzeit


Während man sich bis ins 15. Jahrhundert hinein sämtlichen Spielen relativ tolerant gegenüber sah, wurden im 16. /17. Jahrhundert alle lebhaften und fröhlichen Spiele scharf verurteilt. Der hochmütige Ernst des städtischen Bürgertums und die gekünstelte Lebensweise des Adels in dieser Zeit hielten solch eine lebhafte Bewegung in frischer Luft für unziemlich und pöbelhaft. Ausgelassenes Treiben und Spiele, allen voran Glücks- und Wettspiele, wurden zuweilen sogar als Gotteslästerung 1 angesehen. Die gesellschaftlich anerkannten Leibesübungen der frühen Neuzeit waren die sog. adelsständischen Exerzitien, wie sie an den Ritterakademien, an den Höfen und an den Universitäten geübt wurden. An der Spitze dieser Übungen stand der höfische Tanz, gefolgt von Reiten, Fechten, Voltigieren, bisweilen ergänzt durch das Ballhausspiel 2 und Formen des Exerzierens.

Winterbelustigungen wie Schneeballwerfen, Schlittenfahren, Schleifen (mit den Schuhen auf dem Eis rutschen) und Eislaufen wurden während des Absolutismus 3 sogar als gesundheitsschädlich eingestuft und waren mancherorts (z.B. Trier) unter Androhung strenger Strafen sogar verboten: „Wer sich bei diesen gefährlichen Vorgängen betreffen lässt oder auch nur ohne Schlittschuhe auf dem Eis schleift oder gleitet, der soll auf dem Rathause, die studierende Jugend aber in Schulen, mit Ruten gepeitscht werden.“ 4

… und vereinzelt heißt es noch Mitte des 18. Jahrhunderts: „Die Eltern bringen ihre Kinder um grade Glieder und Gesundheit, wenn sie ihnen gestatten, des Winters auf dem Eise zu rutschen. Oh, wie manches Kind hat ein Bein gebrochen oder einen gefährlichen Fall getan.“ 5

 

  1. Ungeziemes Verhalten und Glücksspiel wurden als ketzerisch eingestuft und in früherer Zeit vereinzelt sogar als „Gottesstrafe“ für das Ausbrechen von Pandemien wie der Pest oder dem Spanischen Fieber verantwortlich gemacht.
  2. In speziellen Ballspielhäusern gespieltes, tennisartiges Spiel, bei dem ein Ball mit einem Rakett (Schläger) geschlagen werden musste. Das Spiel hatte eine Unzahl von Verhaltens- und Bewegungsmaßregeln und -möglichkeiten, die bei Bedarf an die Spielstärke der Mitspieler angepasst wurden.
  3. Zeit der absoluten Monarchie
  4. Quelle: Das Buch vom Spiel – Das Spiel einst und jetzt, von Ruth Dirx, 1981
  5. Quelle: Christliche Gedanken von guter Kinderzucht, Friedrich Eberhard Collin (Halle, 1731/32)