1901 Eisschießen auf dem Großen Gosau-Gletscher

Eisschiessen auf dem Großen Gosaugletscher

Ein Eisschiessen im Hochsommer ist gewiss etwas sehr Ungewöhnliches. Noch interessanter wird ein solches, wenn es auf einem Gletscher von der herrlichen Umrahmung des Gosauer Eisfeldes abgehalten wird, und darum verdient der nachstehende Bericht unserer Sektion Radstadt wohl einen Platz in den „Mittheilungen“:

Am 15. Juli 1901 fand auf dem Grossen Gosaugletscher bei der Schreiberwand (Dachstein Gruppe) ein Eisschiessen statt, an dem sich die stattliche Anzahl von 41 Schützen beteiligte. 15 Teilnehmer aus dem Oberen Ennsthale von den an den Südabhängen des Dachsteingebietes gelegenen Ortschaften Filzmoos, Radstadt, Mandling, Pichl und Schladming, welche ihre Eisstöcke auf dem weiten und beschwerlichen Wege über den Beissgang und das Thorsteineck im Rucksacke hinaufgetragen hatten, standen 26 Gosauern gegenüber, die über die Grobgesteinhütte herauf gelangt waren, zum „Moar“ wurde von Seite der ersteren der Filzmoser Wirt, Christian Zitz, von den Gosauern der Sohn des Wirtes zum Gosauschmied, Tiefenbacher jun., gewählt.

Es wurden drei „Kehren“ geschossen. Den Siegespreis, einen Gemsbock samt den Krickln und ein Fass Bier, trugen die Gosauer davon. Die Krickln werden auf einem mit entsprechender Inschrift versehenem Schilde im Gasthause zum Gosauschmied angebracht werden. Während die Gosauer die üblichen „Buschn“ zum Zeichen des errungenen Sieges an ihren Hüten befestigten, gab ein Teilnehmer aus Schladming, der seine Zither mitgebracht hatte, auf derselben heimatliche Weisen zum Besten, welche von sangeskundigen Kehlen mit Gesang und Jodlern begleitet wurden. Bei herrlichstem Wetter und in fröhlichster Stimmung wurde dann von der Mehrzahl der Abstieg genommen und schließlich beim Gosauschmied einmarschiert, welcher sich um das Zustandekommen des Unternehmens sehr angenommen hatte. Das Erscheinen einer so stattlichen Anzahl von „Eisschützen“ mitten im Sommer erregte namentlich bei vielen der anwesenden Fremden, denen dieser alpine Wintersport großenteils unbekannt war, nicht geringes Aufsehen.

Während des fröhlichen Beisammenseins gab das Mitglied der Sektion Radstadt des Deutschen u. Österreichischen Alpenvereins, Herr Gerichtsadjunkt Dr. Putzker, von welchem die Anregung zu der Veranstaltung ausgegangen war, der Hoffnung Ausdruck, dass auch im nächsten Jahre zur gleichen Zeit ein Eisschiessen zustande komme, was allseitig beifälligst aufgenommen wurde.