Zur Volkskunde Oberösterreichs
Volkscharakter, Trachten, Sitten und Bräuche
Nicht minder charakteristisch sind die Spiele der Oberösterreicher. Leider müssen wir darauf verzichten, die zahlreichen volksthühmlichen Kinder-Gesellschaftsspiele wie das „Nachtherbergbitten“ oder „Schneider leih‘ mir d’Schaar“ (Schere), das „Schwabenbinden“, das „Spänespringen“, das „Tüchelzötten“ oder „der Plumpsack geht umundum“, das „Fuchsjagen“, das „durch die eiserne Bruck fahren“, oder „Farbenverkaufen“, das „Bärentreiben“ u.s.w. vorzuführen, soviel Kinderlust auch in unerschöpflicher Weise darin enthalten ist. Unter den Spielen für Erwachsene gibt es solche für den Winter und solche für den Sommer.
Ist Alles zu Stein und Bein gefroren und liegt auf allen Gewässern eine spiegelglatte Eisfläche, so holen Bursche und Männer, ja auch die Knaben den „Eisstock“ aus dem Winkel hervor, wo er im Staub des irdischen Daseins den Sommer vertrauerte und verträumte. Es ist aber der Eisstock ein nahezu halbkugelförmiges Stück Holz, das an der Peripherie mit einem eisernen Ringe bewehrt und im Centrum mit einem Stiele versehen ist, an dem man es ergreifen und, es auf die Eisfläche schleudernd, fortschieben kann, daß es weit und gewaltig dahinrutscht. Jede halbwegs freie Tagesstunde, und wenn der winterliche Vollmond scheint, auch noch manche Nachtstunde wird dem „Eisschießen“ gewidmet. Und wie die Alten schossen, so schießen die Jungen. Die Spieler haben sich in zwei Parteien getrennt, jede mit einem „Meier“ als Oberschützen. Sie bemühen sich, die Stöcke nach einem Ziele, „Taube“ genannt, zu schieben oder zu „schießen“ und dabei durch den Anprall der Stöcke aneinander jene der Gegner aus der Nähe der „Taube“ wegzudrängen. Schon hat die eine Partei „Sechs“, aber es überholen sie die Gegner und erzielen „Neun“, und nun zählt jeder „Schuß“! Mit Spannung thut der Meister („Meier“) den letzten Schuß der einen Partei, und siehe, es gelingt, es ist ein Meisterschuß; die Stöcke der noch übrigen Gegner sausen alle an dem seinen vorbei und er mit seiner Partei ist „aus“. Es hilft alles Nachmessen und aller Ärger der Gegner nichts; sie mögen ihr Glück im nächsten „Bot“ versuchen. Man übt das „Eisschießen“ zwar auch anderwärts z. B. in Obersteiermark, aber so recht daheim ist dieses Spiel doch nur in Oberösterreich. Da ist keine Stadt, kein Marktflecken, kein Dorf, kein Weiler im ganzen Land ohne „Eisbahn“ im Winter; dagegen ist das Schlittschuhlaufen aus der Fremde eingeführt und keineswegs volksthümlich.
Während das Mannsvolk die müßigen Winterstunden sich auf der „Eisbahn“ vertreibt, versammeln sich die Weibspersonen zu geschäftiger Arbeit mit Rocken und Rad zur „Spinnroas“, wobei nicht nur die Spindeln sich fleißig drehen und die Spulen sich füllen, auch die Zungen haben nach Weiberart freien Lauf.
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