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Von den Dächern der trotzigen Feste Burghausen tropft tauender Schnee, die Salzach rauscht mit Hochwasser, und johlende Winde treiben Wolkenfächer über einen blassen Föhnhimmel. In den Höfen der langen Burg herrscht lebhaftes Treiben, Rossknechte striegeln pfeifend schwere Gäule und putzen silberbeschlagenes Zaumzeug und prächtige Sättel. Neugieriges Weibervolk und rotznasige Kinder schauen zu, wie bayerische Knechte den sächsischen Reisigen zeigen, wie man Eisstockschießen spielt. Auf halb aufgetauter Eisbahn im Hof schlittern die schweren Scheiben. Fachausdrücke schwirren umher, und die Kinder lachen, wenn so ein tolpatschiger Sachse daneben trifft.
Der Hoftag, den Herzog Heinrich hier in Bayern abhält, ist zu Ende. Die Grafen und Herren, die geladen waren, brechen auf, um heimzureiten. Nur einige bleiben zurück, um morgen ihren Herren nach Enns zu begleiten, wo er mit dem Herzog von Österreich zusammenkommen will.
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Heinrich der Löwe
Heinrich der Löwe war von 1142 bis 1180 Herzog von Sachsen (Heinrich III.) sowie von 1156 bis 1180 Herzog von Bayern (Heinrich XII). Heinrich war Vetter des deutschen Kaisers Friedrich I. „Barbarossa“. Im Jahre 1168 heiratete er Mathilde von Plantagenet, die Tochter des englischen Königs Heinrich II. Nach dem Tod Heinrich II. 1189 schloss er sich dem neuen König Richard I. „Löwenherz“, seinem Schwager, an. Heinrich starb am 6. August 1195 in Braunschweig.
Hoftag in Burghausen
Der Hoftag ist eine formlose, unregelmäßig vom König, bzw. Kaiser einberufene Versammlung der geistlichen und weltlichen Fürsten zur Beratung von allgemeinen Angelegenheiten, von Maßnahmen zur Friedenssicherung und zur Behandlung von Rechtsfällen des Adels. Im Jahre 1165 übernahm Heinrich die Grafschaft Burghausen und vom 29. Februar bis 5. März 1176 hielt Heinrich Hoftag auf der Festung Burghausen. Dieser Hoftag fand auch Erwähnung in dem oben genannten Roman „Heinrich der Löwe“ von Werner Chomton aus dem Jahre 1935.