Entwicklung der Standvorrichtung
Eingeschnittene Fuassen
Um dem Eisschützen bei der Schussabgabe einen sicheren Stand auf dem Eis zu gewährleisten, wurde an der Abspielstelle eine Standritze in das Eis geschlagen. In Ausnahmefällen 1 konnte im Freizeitsport auch ein rutschfester Teppich ausgelegt werden. Die Standritze wird, da der Schütze bei der Schussabgabe mit einem Fuß im die Standritze eintreten musste, auch als „Fuaßen“ und in alten Beschreibungen als „Stehmatze“ bezeichnet. Zunächst gab es auch im Wettkampfsport für die Standritzen mit Ausnahme der Angaben, wo diese in das Eis einzukerben waren, keine Vorgaben.
Wilhelm Neubronner beschreibt die Standritze 1935 wie folgt:
„Zunächst ist in der Mitte des „AUS“ die „Standritze“ zu machen. Es ist nun nicht damit gedient, einfach eine kleine Vertiefung in das Eis zu hauen. Die Standritze muß mit besonderer Sorgfalt und nach vorschriftsmäßigen Angaben gemacht werden. Sie ist die Stelle, von wo aus jeder Schütze seinen Eisstock abwerfen muß und bedeutet den einzigen Stützpunkt auf der glatten Eisoberfläche. Die Form einer Standritze ist die eines Halbmondes. Die Basis hat eine Länge von 15 – 20 Zentimeter. Die größte Entfernung von der geraden Linie zum Kreisbogen soll 8 Zentimeter nicht überschreiten. An der Basis geht die Standritze senkrecht etwa 2 Zentimeter tief in das Eis. Von diesem tiefsten Punkt flacht sie sich zum Kreisbogen langsam ab, so daß der Rand des Kreisbogens in gleicher Höhe mit der Eisoberfläche ist. Am genauesten wird die Standritze, wenn man sie mit einem festen Messer (sog. Dolchmesser) in das Eis hineinschnitzt.“
In den internationalen Wettkampfbestimmungen von 1959 werden schließlich für die Standritze folgende Abmessungen vorgegeben:
- Länge von
15 – 25 cm
- Breite von
5 cm
- Tiefe von
3 – 5 cm
Auf Eisflächen, die sowohl von Eisläufern als auch Eisschützen benutzt wurden, mussten die Standritzen jedesmal neu ins Eis geschlagen und bevor die Eisläufer auf den Plan traten, wieder sorgfältig mit Schneezement 2 verschlossen werden. Bis zur vollständigen Vereisung der ausgebesserten Stellen dauerte es meist 45 – 60 Minuten. Erst nach dieser Wartezeit war wieder gefahrloses Schlittschuhlaufen möglich.
Beil zum „Schlagen“ der Standritze |
Nach den Internationalen Eisstock-Regeln waren bis 30. September 1993 ins Eis geschlagene Standritzen mit einer Länge von ca. 25 cm, einer Breite von 5 cm und einer Tiefe von 2 – 5 cm erlaubt. Erst seit dem 1. Oktober 1993 ist gemäß Regel 111 IER zwingend eine Vorrichtung, die dem Spieler bei seinen Versuchen genügend Standsicherheit gewährt, vorgeschrieben.
Steckbare Standvorrichtungen
Vor dem Hintergrund der durch das Schlagen bzw. Schneiden der Standvorrichtungen verursachten Zeitverzögerungen und der permanenten Unfallgefahr bei nicht sachgemäßem Verschluss der Vertiefungen musste nach anderen Lösungen für die Standsicherheit gesucht werden. Auch beim Curling spielte man zu Anfangs von einer in das Eis gehauenen Fußkerbe ab. Die Abspielstelle beim Curling wird deshalb auch heute noch als „Hack“ (engl.: hacken) bezeichnet. Bereits für das Jahr 1772 kann aber die Verwendung von ins Eis gesteckten metallenen Abstoßhilfen, der sogenannten „Trickers“ 3, nachgewiesen werden. Diese „Trickers“ wurden für jede Curling-Society die etwas auf sich hielt, in einer eigenen Form geschmiedet und mit deren Namen versehen.
Historische Standvorrichtungen – Trickers |
Beim Eisschiessen verwendete man seit den frühen 1970er Jahren gummierte Metallplatten in der Größe von 250 x 270 mm. Diese Platten wurden mit Bolzen, die in vorgebohrte Löcher gesteckt wurden, befestigt. Später verwendete man auch T-Winkel (250 x 250 mm). In den internationalen Wettkampfbestimmungen von 1971 wird auf Kunsteis an Stelle der Standritze nun auch „eine andere Vorrichtung anerkannt, wenn diese den Schützen bei der Abgabe des Schusses genügend Sicherheit gibt“.
Standeisen: Gummierte Gummiplatte (Gendorf, 1971) | T-Winkel, gem. IER 1980 ff. |
Um einen ungehinderten Spielablauf zu gewährleisten, mussten die steckbaren „Fuaßen“ nach jeder Kehre herausgenommen werden.Die in das Eis eingebrachten Bohrungen für die Haltebolzen verstopften teilweise mit Schnee, und es war ein ständiges Nachbohren erforderlich. Mit zunehmender Spieldauer brach das Eis um die Bohrungen herum aber mehr und mehr aus und die Standvorrichtungen wurden zunehmend instabil. Für den Dauereinsatz waren diese Standvorrichtungen deshalb nicht geeignet. Bei Finalspielen, die auf in der Mitte der Eisfläche eingezeichneten Spielbahnen ausgetragen werden, werden aber auch heute noch solche oder zumindest ähnliche Standhilfen verwendet.
Klappbare Standvorrichtungen
In einer Weiterentwicklung wurden an eine gummierte Trittplatte zwei abgewinkelte Rohre angeschweißt, die in einer Steckvorrichtung an einer Bande befestigt werden konnten. Bolzen zur Fixierung an der Eisfläche waren nun nicht mehr erforderlich. Die einsteckbaren Haltrohre befestigte man später an beweglichen Scharnieren. Die Standvorrichtungen mussten dadurch nicht jedes Mal neu eingesteckt, sondern nur nach oben bzw. unten geklappt werden.
Steckbare und klappbare Standvorrichtung – Skizze |
Moderne Ausführung einer Standvorrichtung mit Federmechanismus
Eishalle Burgkirchen, 2008 | gummierte Trittplatte |
1993 wurde beschlossen, dass bei der Standvorrichtung die Standsicherheit erhöhende Teile untergelegt werden dürfen. Seit 2016 4 dürfen bei den Standvorrichtungen nur Tücher unter- oder aufgelegt werden, die eine Gesamterhöhung von maximal 10 mm erlauben und die Standvorrichtungen nicht beschädigen.
Standvorrichtungen beim Weitschießen
- siehe Prinzregent Luitpold ↩
- Gemisch aus Wasser und Schnee, dem ein Festiger (meist PTX 311, überwiegend aus Ammoniumnitrat bestehend) beigemischt wird. ↩
- Tricker ist ein alter schottischer Begriff und bezeichnet die Stelle, an der ein Bowler seine Kugel abwirft sowie die steckbare Abstoßstelle beim Curling. Der Begriff ist abgeleitet vom englischen „trigger“, was so viel wie Auslöser, Abzug oder auch Drücker bedeutet. ↩
- Beschluss auf dem Schiedsrichter-A-Seminar 2016 in Bad Reichenhallt sowie Regel IER 111, 10. Auflage, gültig ab 01.10.2018 ↩