Die Kleine Eiszeit

Zwischen 950 und 1250 n. Chr. herrschte in Europa ein ausgeprägtes Temperaturhoch. Das Klima war damals so angenehm, dass in Südengland sogar der Weinanbau florierte. Die nördliche Weinbaugrenze in Europa lag damals praktisch an der südlichen Ostseeküste. Die Wikinger besiedelten in dieser Zeit Grönland und entdeckten Amerika (Vinland). Ab 1400 n. Chr. begann das Klima sich wieder zu verschlechtern.

Einsetzende Klimaverschlechterung

Dieses Klimaphänomen der relativen Abkühlung, das sich in der zweiten Hälfte des 2. Jahrtausends abspielte, bezeichnete man als ‚Kleine Eiszeit‘. Diese Periode relativ kühlen Klimas dauerte von Anfang des 15. bis in das 19. Jhdt. hinein. Von 1550 bis 1850 traten extrem kalte Winter und feuchte Sommer auf. Die Zeiträume von 1570 – 1630 und von 1675 – 1715 stellten dabei besonders kalte Zeitabschnitte dar. Missernten und Hungersnöte bedrohten die Bevölkerung und sorgten für Auswanderungswellen beispielsweise nach Amerika. Das Thermometer zeigte damals ein bis anderthalb Grad weniger an als heute und die durchschnittlichen Wassertemperaturen lagen 5 Grad unter den heutigen.

Abb.: Klimatabelle des Klimarates IPCC von 1990 (Intergovernmental Panel on Climate Change)

Oft konnte man über das Eis der Ostsee von Lübeck nach Schweden gehen oder von Kopenhagen nach St. Petersburg. Das Bodensee-Eis war so dick, dass man es mit beladenem Fuhrwerk befahren konnte. Grönland und Island waren vom Packeis umschlossen und in den Alpen setzten markante Gletschervorstösse ein. Diese Epoche wird deshalb auch als neuzeitliche Gletscherhochstandsperiode bezeichnet.

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Das Jahr ohne Sommer

Der Winter 1783/84 galt als einer der härtesten in Mitteleuropa. Einen nicht unerheblichen Einfluss auf das extreme Absinken der Temperaturen hatte hier der acht Monate dauernde Ausbruch der Laki-Krater (Lakakigar) auf Island. Eine giftige Aerosolwolke legte sich über den gesamten Kontinent, besonders aber über die Britischen Inseln, und wurde als Höhenrauch oder auch ‚trockener Nebel‘ wahrgenommen. Insbesondere zwischen 1800 und 1815 ereigneten sich weltweit viele Vulkanausbrüche. Der Ausbruch des Tambora-Vulkans (Indonesien) im Jahr 1815 war einer der stärksten in der gesamten Geschichte der Erde. Riesige Aschenmengen wurden in die Atmosphäre ausgestoßen, der Himmel verdüsterte sich und die Temperaturen sanken weltweit. Das Jahr 1816 ging in Nordamerika und Europa als das „Jahr ohne Sommer“ in die Geschichte ein.

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Im Jahre 1883 sorgte der Ausbruch des Krakatau in Indonesien für ein neuerliches Absinken der Temperaturen auf der Nordhalbkugel um 0,5 – 0,8 Grad. Zudem konnten überall rund um die Erde aufgrund der Partikel in der Atmosphäre, an denen es zu Lichtbrechungen kam, spektakuläre Sonnenuntergänge beobachtet werden.

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Das Ende der Kleinen Eiszeit

Während der Beginn der Kleinen Eiszeit von Forschern unterschiedlich datiert wird (Zunahme des nordatlantischen Packeises in der Mitte des 13. Jahrhunderts, oder auch die sieben Hungerjahre  von 1315-1322) ist man sich jedoch darin einig, dass die Kleine Eiszeit mit dem beginnenden Rückzug der Gletscher im späten 19. Jahrhundert endete.

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Auswirkungen des Klimawandels

Die zunehmende Kälte hatte erheblichen Einfluss auf die kulturellen und politischen Entwicklungen in Europa. Als unmittelbare Folge waren die Wikinger gezwungen, ihre in Island und Grönland errichteten Kolonien aufzugeben. Die Klimaverschlechterung brachte vielfach Missernten und das Land wurde von Hungersnöten überzogen. Indirekt wird auch der Ausbruch mehrerer Revolutionen (z.B. Französiche Revolution) mit dem Klimawandel in Zusammenhang gebracht. Aufgrund der Kälte vernachlässigten viele Menschen die Körperhygiene und die durch die Mangelernährung ohnehin geschwächte Bevölkerung war weitaus anfälliger gegen Krankheiten. In weiten Teilen Europas wüteten Pest und Cholera. Es gab aber auch positive Folgen. So wurde die Entwicklung des Automobils Ende des 18. Jahrhunderts u.a. auch deshalb vorangetrieben, weil aufgrund von Missernten das Futter für die Zugtiere knapp war. Auch in der Kunstgeschichte fand der Klimawechsel Niederschlag. Viele Maler erkoren in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrtausends Eis und Schnee zum Bildthema und schufen eine Vielzahl von Gemälden mit zugefrorenen Seen, Flüssen und Kanälen. Und die im 18. und 19. Jahrhundert auf vielen Gemälden in rot und grün dargestellten Sonnenuntergänge sind auf die Lichtbrechungen der durch Vulkanausbrüche verschmutzten Luft zurückzuführen.