Volksspiele in Bayern und Österreich
Topographischen Beschreibungen zufolge zählen Scheibenschießen und im Winter das Eisschießen in Bayern und Österreich beinahe flächendeckend zu den bevorzugten Spielen der Bevölkerung. Für die Haupt- und Residenzstadt München 1 werden beispielsweise folgende Spiele benannt:
Neben dem Brett (auf dem Dame, Schach, Mühle, und der lange Puff 2 gespielt werden) und dem deutschen und französischen Kartenspiel, vor allem
- das Scheibenschießen, auch Bolzschießen (Bolzenschießen) und Balister (Armbrust),
- das Billard (verschiedene Arten),
- verschiedene → Kegelspiele wie Schmarakeln, Budeln und Langausschieben,
- kleinere Kegelspiele in Zimmern,
- → Zighet, Stoßhudel
- und das Eisschiessen.
Diese Spiele wurden grundsätzlich den Glücksspielen zugerechnet, auch wenn sie „zur Leibesbewegung und Übung, andere zur Schärfung des Witzes und der Aufmerksamkeit“ etwas beigetragen haben.
Kegelspiele
Kegelspiele erfreuten sich seit dem Mittelalter großer Beliebtheit. Im 16. Jahrhundert kegelte man noch auf dem ebenen Boden, erst später kamen auf hölzernen Kegelbahnen „ins Spiel“. Bis ins 18. Jahrhundert hinein wurde ausschließlich im Freien gekegelt.
- Schmarakeln: Bestimmte Art des Kegelspiels im Freien, bei dem die Kugel nicht geschoben, sondern geworfen wird. Dabei wird von vier Seiten aus geworfen und am Schluss ein oder mehrere Kegel aus der Mitte herausgestoßen. Die Kugel ist in der Regel größer als bei den übrigen Kegelspielen. Mitunter wurde auf nur drei Kegel geworfen.
- Budeln: Kegelspiel, bei der die Kugel auf einem einzelnen Brett (Laden) ohne viel Anstrengung, und ganz nahe am Boden hinausgeschoben wird. Budel (Pudel) bedeutet dabei einen Fehlwurf, bei dem die Kugel in der Auffangrille landet.
- Langausschieben: Kegelspiel, bei dem die Kugel mehr erhoben, in der Hand künstlich gedreht und auf mehreren nebeneinander liegenden Brettern (Laden) hinausgeschoben wird.
Zighet
Das vermutlich nur in Bayern bekannte Zighet ist einer Beschreibung 3 aus dem Jahre 1822 nach identisch mit der Tischversion des Shuffleboard.
Das Spiel selbst hat Ähnlichkeit mit dem Eisschießen: es sind zwei Parteien, die gegen einander spielen, jede kann aus mehreren Spielern bestehen; auch zählt man wie beim Eisschießen, und was hier die Bahn und die Stöcke, das sind dort das Spielbrett und die Steine. An diesem Spiele können auch Damen teilnehmen; denn es erfordert keine körperliche Anstrengung, sondern vielmehr ein gutes Augenmaß und Geschicklichkeit. Es könne an Brunnenorten zu einem ebenso angenehmen als nützlichen Zeitvertreib dienen, zumal an regnerischen oder kühlen Tagen, wo man nicht im freien Bewegung machen kann.
Zighet wird u.a. als „nützlicher Zeitvertreib“ an Kurorten angboten.
Kinderspiele
Daneben gab es aber auch eine Reihe von Kinderspielen wie
- Kreisstehen: Vier bis sechs Mitspieler stehen im Kreis und werfen sich gegenseitig einen Ball zu oder versuchen diesen durch Schlagen möglichst lange in der Luft zu halten.
- Raketschlagen: Rückschlagspiel, bei dem ein Ball mit einem Schläger geschlagen wird. Vorläufer von Tennis, Federball und Squash. Bei Erwachsenen siehe auch Ballhausspiele.
- Einkindeln und Einrückeln: Auf dem Boden liegende Schusser werden in kleine Grübchen oder Vertiefungen getrieben.
- Steintappeln: Auf dem Handrücken liegende Steinchen werden hochgeworfen und mit der flachen Hand wieder aufgefangen.
- Ballonschlagen: Eine frühe Form des heutigen Volleyball – auch Ballonen genannt.
- Platteln: Ein Faßzapfen oder Stöcklein ist das Ziel auf welches jeder der Spieler seinen Knopf TanteS oder Pfennig legt; aus abgemessener Entfernung wird dann darnach mit eisernen Blättlein, platten Steinen oder Ziegelstücken geworfen; wer zunächst triff, schlägt es mit dem darauf liegenden Satz um, der nach Lage und Fall den Gewinn des Spielenden abgiebt.
- Kapuzinerspiel: auch Einsiedlerspiel, Kreuzspiel. Das heute unter Solitär bekannte Brettspiel.
- das Ringlspiel: Wurfspiel mit Ringen
. . . und vermutlich viele weitere.
- Beschreibungen der Haupt- und Residenzstadt München (im derzeitigen Zustande) von Professor Westenrieder – München 1782, bey Johann Baptist Strobl – Seite 290
- Der ‚lange Puff‘: Brettspiel mit Würfeln und Steinen, die je nach geworfener Augenzahl auf dem Spielbrett eingesetzt werden, heute Backgammon. Das Spiel wurde vorzugsweise in Freudenhäusern gespielt und wurde so zum Namensgeber dieser Einrichtungen.
- Quelle: Über Gesundbrunnen und Heilbäder, von Johann Evangelist Wetzler, Mainz 1822, bey Florian Kupferberg, Seite 143