Einsatz des Auswechselspielers

Die Mannschaft des TSV Peiting hatte bei der Vorrunde zur Deutschen Meisterschaft der Damen am 26. Jan. 2018 in Waldkraiburg den Einsatz der Auswechselspielerin nicht beim Schiedsrichter angemeldet. Die Spielerin war in die Startkarte eingetragen und der betreffende Spielerpass bei der Anmeldung vor Wettbewerbsbeginn dem Durchführer übergeben worden. Dennoch verhängten die Schiedsrichter gegen die Mannschaft eine Spielpunktestrafe von einem Punkt. Laut Anmerkung in der Ergebnisliste wurde dem TSV Peiting nach Regel 804d (Auswechseln ohne Anmeldung) 1 Spielpunkt abgezogen.

Der TSV Peiting fiel dadurch in der Ergebnisliste mit 19:4 Punkten (Stocknote 2.590) hinter den TSV Massing 08 (20:4 Punkte, Note 2.500) auf Rang 3 zurück. Der TSV Peiting musste daraufhin im Page-Play-Off das Ausscheidungsspiel gegen den TSV Kühbach bestreiten und belegte nach einer 38:0 Niederlage letztendlich den undankbaren 4. Platz. Ohne die vorgenannte Spielpunktestrafe wäre dem TSV Peiting ein Platz auf dem Siegespodest und mindestens die Bronzemedaille sicher gewesen.

 

Ein Kommentar

  1. Fehlinterpretation der Regel

    Dem Wortlaut der Regel 804 d) wird der Mannschaft in der Endwertung 1 Spielpunkt abgezogen für den „Einsatz des Auswechselspielers ohne Passvorlage“. Von einem Auswechseln ohne Anmeldung, so wie die Strafe in der Ergebnisliste erläutert wird, ist hier keine Rede.

    Mit dem Spielpunkteabzug nach Regel 804d IER wird ein Vergehen gegen Regel 407 IER geahndet.

    Regel 407: Der Auswechselspieler darf nach jedem Spiel und für eine beliebige Anzahl von Spielen in die Mannschaft gewechselt werden. Sein Einsatz erfolgt nach Vorlage des Spielerpasses beim Schiedsrichter.

    Auch hier wird von der „Vorlages des Spielerpasses beim Schiedsrichter“ gesprochen, und nicht von der Anmeldung. Die Passvorlage beim Schiedsrichter sollte sich aber erübrigen, wenn der Spielerpass bereits vor Wettbewerbsbeginn dem Durchführer übergeben wurde.

    Weiter heißt es in Hinweis a) zu Regel 407: „Erfolgt der Einsatz ohne Anmeldung, wird der Mannschaft 1 Spielpunkt nach Regel 704c (richtig Tz. d) abgezogen.“

    Der Hinweis zu § 407 IER bezieht sich nicht explizit auf die Anmeldung beim Schiedsrichter sondern vielmehr auf die generelle Anmeldung zum Wettbewerb. Diese Anmeldung hat durch Eintragung des Spielers in die Startkarte und Übergabe des Spielerpasses vor Wettbewerbsbeginn an den Durchführer, oder soweit darauf verzichtet wurde, rechtzeitig vor dem Einsatz durch Vorlage des Spielerpasses beim Schiedsrichter zu erfolgen. §§ 131, 124 ISpO.


    Fazit: Nach der derzeit gültigen Fassung der IER (10. Auflage – gültig ab 1.10.2018) ist eine Bestrafung der Mannschaft des TSV Peiting nicht gerechtfertigt. Bei der Entscheidung des Schiedsrichters handelt es sich nicht um eine Tatsachenentscheidung (Wahrnehmungsfehler), sondern um eine falsche Regelanwendung (Regelverstoß des Schiedsrichters) mit spielentscheidendem Ausgang.

    Die Entscheidung wäre demnach in einem Sportgerichtsverfahren anfechtbar.


    Zur Entlastung der Schiedsrichter sei jedoch folgendes angemerkt:

    Die Regel 407 IER (bis 30.09.2018 Regel 307) galt von der Einführung der IER im Jahre 1980 bis zu ihrer 8. Auflage (gültig bis 30.09.2010) unverändert mit dem Wortlaut „… Sein Einsatz erfolgt nach Vorlage des Spielerpasses.“ Der Spielerpass des Auswechselspielers konnte zusammen mit den übrigen Spielerpässen vor Beginn des Wettbewerbs dem Durchführer übergeben, oder vor seinem Einsatz nachgereicht werden (§ 110 ISpO). Bei Zuwiderhandlung erfolgte gem. Hinweis a) zu Regel 407 eine Verwarnung und bei bereits verfolgter Verwarnung eine Zeitstrafe (kleine Strafe nach Regel 704h IER). Spielerpässe waren vor Beginn des Wettbewerbes dem Durchführer zu übergeben. Mit Gültigkeit der 5. Auflage (1.10.1997) wurde die Bestrafung auch ohne vorherige Verwarnung ausgesprochen.

    In der 8. Auflage der IER (gültig ab 1.10.2010), in der insbesondere der Abschnitt 7 (Strafen) neu geregelt wurde, lautete die Regel plötzlich „… Sein Einsatz erfolgt nach Anmeldung beim Schiedsrichter“ mit dem Hinweis: „Erfolgt der Einsatz ohne Anmeldung, wird der Mannschaft 1 Spielpunkt nach Regel 704c abgezogen. Aufgrund der Formulierungen war zunächst nicht klar, ob Grundlage der Bestrafung wie bisher die fehlende Anmeldung zum Wettkampf (Passübergabe vor Beginn an den Durchführer, Vorlage des Spielerpasses beim Schiedsrichter) oder nunmehr bereits die Nichtanzeige des Spielerwechsels beim Schiedsrichter (trotz bereits vorgenommener Anmeldung) sein solle. Regel 704c IER gibt als Straftatbestand lediglich den „Einsatz des Auswechselspielers ohne Anmeldung“ vor. Auch spricht die Handhabung, dass nur der erstmalige Einsatz des Auswechselspieler, nicht aber eine weiterer Spielerwechsel, anzuzeigen ist, dafür, dass bei bereits erfolgter Übergabe des Spielerpasses an den Durchführer eine Bestrafung wegen Nichtanmeldung des Spielerwechsels nicht geboten ist.

    Mit der Regel 307 IER war man aber seitens der IFI aber nicht sonderlich glücklich, denn bereits mit der 9. Auflage der IER (gültig ab 1.10.2014) wurde der Wortlaut in „… Sein Einsatz erfolgt nach Vorlage des Spielerpasses beim Schiedsrichter“ geändert. Die Regel gleicht nunmehr wieder der bis 30.09.2010 geltenden Fassung, jedoch mit der Klarstellung, dass der Spielerpass des Auswechselspielers vor seinem Einsatz beim Schiedsrichter vorgelegt werden muss. Die kann jedoch nur gelten, wenn dieser Spielerpass nicht bereits dem Durchführer übergeben wurde. Auch der Straftatbestand wurde wieder der alten Fassung angeglichen: „Einsatz des Auswechselspielers ohne Passvorlage“.

    Mit Stand vom 01.10.2014 wurden von der IFI Testfragen für Schiedsrichter zu Situationen, die in jedem Wettbewerb vorkommen können. Anhand dieser Testfragen mit anschließender Lösung sollte der Schiedsrichter seinen Wissensstand im Hinblick auf die IER überprüfen.

    Auf Seite 26 ist hier zu lesen

    Frage: Zu Beginn eines neuen Spieles setzt Mannschaft A den Auswechselspieler, dessen Pass bereits vorliegt und der auch in der Startkarte eingetragen ist, ein, ohne daß dieser Wechsel dem Schiedsrichter gemeldet worden ist. Wie entscheiden Sie?

    Antwort: Mannschaft A erhält 1 Spielpunkt Abzug. Regel 307, 704c IER.

    Diesen Ausführungen liegt aber leider noch Regel 307 IER mit Stand der 8. Auflage der IER vom 1.10.2010 zugrunde. Die diesbezüglich Regeländerung ab 1.10.2014 wurde nicht berücksichtigt.

    Franz Stenzel, stellv. Landesschiedsrichterobmann Aus- und Weiterbildung im BEV erstellte unter Mitarbeit von IFI-Vize-Präsident Sport Karl Rosenberger und IFI-Prüfstellenleiter Max Moritz zu Schulungszwecken eine Power-Point Präsentation zur 9. Auflage der IER mit Stand vom 1.10.2014. Änderungen zur 8. Auflage wurden in rot dargestellt. Die Änderung der Regel 307 IER ist auch hier nicht eingearbeitet. – siehe hierzu Folie Nr. 32. Von dem gleichen Personenkreis wurden auch die oben genannten Testfragen und Lösungen siehe Seite 26 für die IFI erarbeitet. Letztendlich wurden die Testfragen ohne weitere Prüfung mit Stand vom 1.1.2015 vom DESV (VSRO Matthias Roock) und BEV (stv. LSRO Franz Stenzel) übernommen.

    In der seit 1.10.2018 geltenden 10. Auflage der IER gab es hinsichtlich der vorgenannten Regeln keine Neuerungen und somit war offensichtlich auch kein Anlass gegeben, die diesbezüglichen Testfragen zu überarbeiten. In der vom neuen LSRO Alfred Moser mit Stand vom 1.10.2018 neu erstellten Datei wurden offensichtlich nur redaktionelle Änderungen hinsichtlich der Gliederung und Neunummerierung der IER vorgenommen.

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